Geschichtsphilosophie
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Überlichtgeschwindigkeit

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Beitrag von ThWangenheim Sa Jan 07, 2017 7:51 pm

Ich "verschiebe" einen Absatz eines Beitrags hierher und antworte zugleich:

"Wie sähe aber die Seele und damit die Weltkultur aus, die nicht mehr den vorgefundenen Naturstoff der Erde beherrscht, sondern die inneren Gesetze der Materie selbst? Das scheint mir ebenso eine Art fraktale Spiegelung in eine komplexere Dimension. Dem Raubtiere ist die Bodenbeschaffenheit seiner Umgebung nur so wichtig, da sein Verfahren sich beinahe zufällig auf demselben Boden realisiert, auf dem die Beute weidet. Dem Menschen einer Weltkultur müsse folglich der regionale Naturstoff als Quelle der Beherrschung zufällig werden, sobald er anfängt sich von dieser regionalen Beute zu emanzipieren. Der Raum selbst wird Beute! Ich fand diesen Gedanken gründlich angekündigt in Ihren Entdeckungen zu den Initialsystemen („Überlichtgeschwindigkeit“)."

Das ist nun eine sehr ferne Dinge zusammenbringende und vielleicht deshalb besonders interessante Verknüpfung. Zum Thema der Abhängigkeit einer Kultur von ihrem Boden will ich nichts sagen (dafür müssen wir eine andere Stelle finden). Aber mir fällt hier etwas auf, das mir bisher nicht bewußt war. Sie erkennen richtig, daß sich die abendländische Physik mit dem Relativitätsprinzip selbst beschränkt hat. Das ist natürlich aberwitzig, insofern sie nach Spengler doch jene Kultur ist, die nach dem Unendlichen strebt. Es fragt sich also, ob sie hier in ihre Feigheitsphase eingetreten ist.

Das ist ein schönes Zeichen für eine schwierige Lage für die Geschichtsphilosophie. Es zeigt, daß "Kultur" und "Ingenium" auch zwischen Außen und Innen changieren. Denn eigentlich sollte die Relativitätstheorie ja eine späte Theorie sein, eine Aufbruchstheorie. Das Gegenteil ist der Fall. Ähnlich gelagert sind ja auch die Religionen: Sie weisen geistig ins Unendliche, aber lebensweltlich igeln sie sich ein, beschränken das Leben durch religiöse Vorschriften. Das widerspricht auch der Spenglerschen Idee von der Veräußerlichung der Zivilisation=Ingenium durch Ausdehnung (und das, was ich davon übernommen habe). Aber hier muß man eben - und das fehlt meiner Erinnerung nach im UdA - zwischen äußerlicher und innerlicher Ausdehnung unterscheiden, und darin wieder zwischen praktischer und theoretischer. Denn während es dergleichen Theorien gibt - die Relativitätstheorie wie die Religion - so werden sie doch in realitas mit Füßen getreten: Die Priester werden Fürsten und Raumschiffe durchbrechen vielleicht die physikalischen Gesetze (im Sinne, wie es in diesem Kapitel von KuI beschrieben wird, also nur praktischer Natur). Und obgleich diese Theorien lebensweltlich einzuschränken scheinen, sind sie geistig auf Probleme der Unendlichkeit angelegt (Gott, c als unendliche Geschwindigkeit)

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Beitrag von Leser Do Jan 12, 2017 7:15 pm

Ich habe meinen ehemaligen Beitrag gelöscht, denn ich möchte ihn revidieren und die Aufmerksamkeit auf grundständigere Fragen lenken.

Die erste Frage ist: was bedeutet Handeln praktischer Natur? Daran anknüpfend die theoretische Konsequenz der Plancklänge. Diese reale Grenze, dem sich die Infinitesimalrechnung zu beugen hat, bedeutet doch eben, dass sich das Raumzeit-Kontinuum nicht mehr materiefrei betrachten lässt. Was ist die theoretische Konsequenz dieser Erkennntnis? Das Raumzeit-Kontinuum (im leeren Raum) ist für sich eine rein theoretische Spielart und erst mit der Plancklänge wurde eine praktische, d.h. natürliche Grenze des unendlichen Regresses im Geiste der logozentrischen Mathematik gesetzt. Schließlich und allerletzt: Hat die Experimentalphysik damit nicht endlich bewiesen, dass die ohnehin fragwürdigen "Zahlengesetze" der Mathematik obsolet sind? Kein rein mathematisches Modell kann begründen, wie durch die Operation von verschiedenen Einheiten neue Einheiten entdeckt werden können. Kein Computer kann je diese Aufgabe in der momentanen binären Form dem Menschen abnehmen. Lassen wir einen Computer eine physikalische Gleichung ausrechnen, so müssen wir schließlich die Einheiten wieder einfügen, da dieser nur die Rechenoperationen bloßer Mengen vollzieht. Der Rechner kann nicht differenzieren zwischen Weg und Zeit und dann auf die kinematische Geschwindigkeit folgern. Das heißt im Umkehrschluss, dass diese Prozesse nur im Kopf des Beobachters gemacht werden. Folglich tun sich in der physikalischen Beschreibung der Naturgesetze subjektabhängige Erkenntnise mitein. Rein formal sind diese nicht zu finden. Das wäre meine vorläufige Antwort auf die Natur des praktischen Handelns.

Andererseits: inwiefern rechtfertigt sich unter der praktischen Bezugnahme der Plancklänge noch das in KuI vorgeschlagene Modell von kultischer Logik und ingener Analogik? Zenons Pfeil z.b. ist kein logisches Problem, sondern das Problem Bewegung zu verstehen. wenn man es logisch analysieren möchte. Die Differenzialrechnung ist die adäquate Überführung der Pfeilproblematik: keine echte Bewegung. Allerdings war die Entdeckung der Plancklänge ein fantastischer Fortschritt, um zu einen Verständnis von echter Bewegung zu kommen. Denn damit ist der Raum nicht mehr bloß ein Kontinuum, sondern in der Bewegung diskontinuerlich und das wiederum in der Materie bedingt, die man nicht ausklammern darf, sobald man sich Raum und Zeit vorstellt. (Kosmologisch bedeutet das vielleicht auch, dass der Urknall von Raum und Zeit eine ziemlich lächerliche Annahme ist. Eher noch der Urknall in Raum und Zeit wäre der Fall, wenn die Materie beachtet wird. Singularität am Anfang postulieren kommt einer Relgion gleich. Es ist die Coincidentia oppositorum der theoretischen Physik.)

Es zeigt sich also, zusammenfassend betrachtet, eine grundsätzliche Asymmetrie zwischen dem, was das Gehirn macht - in diesem Falle das Verschmelzen von verschiedenen Einheiten zur Gewinnung neuer Einheiten und Zusammenhänge - und dem, was eine Maschine höchstens leisten kann: nämlich das bereits verschmolzene in reiner Zahlenoperation für den praktischen Gebrauch des Menschen bereitstellen. Ist das Gehirn, sobald wir ihm diese subjektiven Fähigkeiten zusprechen und zusprechen müssen, nicht grundsätzlich anders operierend, als eine rein binär operierende TM? Eine mögliche Antwort, ich nehme an Ihre bevorzugte, wäre das Gehirn als Konglomerat so vieler TMs zu beschreiben, wie es einzelne physikalische Gesetze im Kosmos gäbe. Dem würde ich bedingt zustimmen. Angenommen das allgemeine Ziel dieses evolutionären Bildungsprozesses bestünde aber nicht gerade darin, Wesen zu schaffen, die zwecks der Erkennens der Naturgesetze geschaffen worden sind, sondern die Funktion des Lebens eine ganz andere sei, eine sehr eigenwillige und nicht determinierte, so ist herauszufinden, wie es zu der Formung eines Organes kam, das nicht per se alle nötigen TMs in sich trägt, sondern kognitiv in der Lage ist TMs zu produzieren - je nach praktischer Notwendigkeit, respektive der Einordnung gemachter Beobachtungen. Der Akzent liegt hier wirklich auf dem Akt des Produzierens.

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Beitrag von ThWangenheim Fr Jan 13, 2017 11:38 am

Also zunächst hat sich die Infinitesimalrechnung niemandem zu beugen. Es ist ja bloß Mathematik. Die kann verschiedene Zustände und Vorgänge beschreiben, aber keine Beobachtung der Welt wird dazu führen, daß die Mathematik selbst sich ändern muß, also etwa 1+1=3 wird. Und wie Sie wissen, halte ich das Plancksche Wirkungsquantum auch nicht für eine natürlich Grenze. Das ist ja gerade der Witz, daß es sich um ein Phänomen genereller Beobachtungsgrenzen handelt, und gar nicht dezidiert um natürliche Grenzen (immerhin soweit hat man ja bereits gedacht). Erst die Kopenhagener Deutung legt einfach fest, daß es Natürlichkeit sei. Aber das ist eben, wie der Name schon sagt, eine Deutung.

Deswegen folgt natürlich daraus nicht, daß die Zahlengesetze obsolet sind. Denn bekanntlich wird die Quantenmechanik mit ebendieser "alten" Mathematik dargestellt. Es wurde ja keine neue Mathematik erfunden und dennoch sind alle quantenmechanischen Phänomen mit der "klassischen" höheren Mathematik darstellbar.

Natürlich kann die Mathematik nicht die Schaffung neuer "Einheiten", wie Sie das nennen (es kommt darauf an, was Sie konkret damit meinen), begründen. Die Mathematik beruht auf Axiomen und sofern man Definitionen hinzufügt, mag sich auf deren Grundlage ein neues Phänomen erschließen, aber das hat man selbstverständlich über Axiome und Definitionen bereits indirekt hineingesteckt.

Nun scheinen Sie mit Einheit die physikalischen Einheiten wie m/s zu meinen. Diese fügen wir aber weiß Gott nicht ein, nachdem der Rechner das Ergebnis liefert. Selbstverständlich kann ein Rechner physikalische Einheiten berechnen. Diese behandelt man ja lediglich als Variablen. Und das Plancksche Wirkungsquantum - nebenbei - liefert keine neue physikalische Einheit. Es handelt sich um eine ganz klassische Wirkung (J*s).

Gerade im Falle der Quantenmechanik wäre diese auch ohne Beobachtung möglich gewesen, und zwar dann, wenn man angenommen hätte, daß es kleinste Teilchen gibt. Alles Übrige hätte man folgern können. Aber freilich hat das in voller Konsequenz für den Mikrokosmos niemand getan, bis man mit immer feineren Meßgeräten schließlich tatsächlich an diese Beobachtungsgrenze vordrang.

Die erste Frage Ihres zweiten Absatzes verstehe ich nicht. Da bitte ich Sie um eine konkretere Forumlierung. - Zenons Pfeil ist ein Unendlichkeitsproblem. Die Betrachtung Zenons ist vollkommen richtig, aber es besteht eben ein riesiger Unterschied zwischen einem unendlich kleinen Zeitraum, also Zeitpunkt, in welchem der Pfeil auch an exakt einem Punkt stehe, und der fluiden Zeit und dem fluiden Raum. Der Punkt, mit dem Zenon operiert, ist ein ungeheuer abstraktes Phänomen und schließt die gesamte Infinitesimalrechnung ein. Über die verfügte er aber nicht. Und insofern haben Sie völlig recht: Zenon spricht hier eigentlich über ein Meßproblem. Und zwar ein klassisches. Da ich aber meine, daß das quantenmchanische Problem letztlich ebenfalls ein Meßproblem darstellt (ein ganz besonderes allerdings, das gebe ich zu), können Sie das durchaus parallelisieren.

Aber die Plancklänge hat damit nichts zu tun. Der Raum ist nicht diskontinuierlich in dem Sinne, wie man hier Zenon aushelfen könnte. Die Unschärfe eines Ortes ergibt sich aus JEDEM Punkt des kontinuierlichen Raumes. Es gibt also unendlich viele Unschärfen. Der Raum wird durch die Quantenmechanik kein Pixelfeld, daher auch "Unschärferelation", nicht "Rasterrelation". Das ist eine völlig falsche Vorstellung. Nochmal: Es handelt sich um ein Phänomen des Messens, des Beobachtens. Es ist gerade keine exakte Messung, mit der man irgendein diskontinuierliches räumliches Phänomen überhaupt beobachten könnte.

Nein, ich benötige nicht mehrere TM für die Darstellung des Hirns. Das ist ja das elegante und in gewisser Weise "revolutionäre" an der TM: Sie ist frei programmierbar. Das Hirn ist ein physikalisches Gebilde. Das können wir (mit einer gewissen Genauigkeit) in der Physik beschreiben und berechnen. Also können wir auch das Hirn berechnen. Es mag sicher einfachere Methoden geben, indem man einen Impuls im Hirn nicht als ausgedehnte, bewegliche Ladung in nicht-idealen Leitern mühsam beschreiben muß, dazu ihre chemisch-physikalische Wirkung - und das alles in einem weitverzweigten, riesigen System, das vermutlich alle Rechenkapazitäten sprengt. Aber diese grobschlächtige Methode der rein physikalischen Simulation, die möglich sein muß, zeigt, daß es sich nicht um ein höheres Prinzip als die uns bereits bekannten handeln kann.

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Beitrag von Faustisch Do Aug 10, 2017 6:11 pm

Passen Sie auf Herr Wangenheim: in der faustischen Mathematik kann 1+1 sehr wohl 3 ergeben, wenn man sich im Fällungskörper F_(2) befindet. Dass eine Mathematik durch die Natur fest vorgegeben sein soll, ist ein Verbleibsel aus der Antike.

Die Natur beugt sich der faustischen Mathematik, nicht andersherum.

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Beitrag von ThWangenheim Fr Aug 11, 2017 9:50 pm

Wenn wir von Mathematik sprechen, dann setzen wir selbstverständlich ein gewisses Axiomsystem voraus. Daß andere Mathematiken konstruiert werden können ist eine Trivialität. Sie stoßen in butterweiche Nichtigkeiten.

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Beitrag von Faustisch Sa Aug 12, 2017 4:34 pm

Sie haben selber geschrieben:
Die kann verschiedene Zustände und Vorgänge beschreiben, aber keine Beobachtung der Welt wird dazu führen, daß die Mathematik selbst sich ändern muß, also etwa 1+1=3 wird.

Das ist falsch (und genau andersherum). Die moderne Mathematik wird nicht von der Natur bestimmt, sondern vom faustischen Menschen definiert. Dass 1+1=2 ergibt , ist im Kontext der modernen Mathematik(en) nicht selbstverständlich.

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Beitrag von ThWangenheim Sa Aug 12, 2017 6:26 pm

Wenn die "moderne" Mathematik nicht von der Natur bestimmt wird, dann bleibt nur noch Gott. Nette Theorie, leider sind Gottesbeweise so selten geglückt.

Niemand hat behauptet, das 1+1=2 in allen Mathematiken gilt. Lediglich, daß es in DER Mathematik, also jenem Teil aller Mathematiken gilt, in welchem sich alle Kulturen einig sind. Und die Elementarmathematik ist in allen Kulturen dieselbe.

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