Geschichtsphilosophie
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Spengler-Portrait

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Beitrag von ThWangenheim Mi Dez 21, 2016 10:26 pm

Sie schreiben mir heute, Sie hätten eine Lähmung im Gesichte Spengler erkannt, als Sie sich das bekannte en-face Portrait auf http://www.zeno.org/Philosophie/M/Spengler,+Oswald angesehen hätten.

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Damit haben Sie mir leider die Freude an diesen wunderbaren Photo zerstört. Und zwar, weil Sie recht haben. In der Tat sieht die rechte Seite (des Verfassers Linke) nach einem Überbiß aus, nach einer eingefallenen Unterlippe, also gerade so, als leide er an einer einseitigen Gesichtslähmung. Nun handelt es sich tatsächlich um ein spätes Foto, wohl 1935 (so sagt es der Briefband). Gesundheitlich ging es ihm vermutlich nicht sonderlich gut. Aber andere Photos zeigen dgl. nicht. Ich glaube fast, es handelt sich um einen ungünstigen Lichteinfall.

Ich hielt dieses Photo immer für das beste Spenglers, da er hier mit jenem ernsten, unaufgeregten, vielleicht etwas müden, aber entschlossenen Tatsachenblick das Objektiv mißt, welcher auch aus seinen Schriften spricht. Daß mir diese Besonderheit bisher nicht auffiel, hat vermutlich auch damit zu tun, daß der Blick derart bannend aus den Augen schießt, daß man woanders gar nicht hinzusehen wagt.

Hoffentlich haben Sie es mir nicht auf ewig verleidet.

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Beitrag von Leser Fr Dez 23, 2016 3:53 am

Und ich fügte bei, dass, abgesehen von der unförmigen Gesamtbetrachtung, das Portrait philosophisch durchaus interessant sei. Diesen Zug möchte ich verdeutlichen - und wer weiß, vielleicht gewinnen Sie sogar gleich zwei, was sage ich!, das verleidete hinzugenommen also drei wunderbare Fotos wieder zurück. Denkt man sich nämlich zu jeder Einzelhälfte die fehlende hinzu - et voilà! Und das originale Portrait - nun, jetzt ist es vielleicht auf immer von aller Unmittelbarkeit abgetrennt und doch hat die intellektuale Anschauung des Fotos einen tiefen bisher unbekannten neuen Reiz erlangt. Das Portrait trägt Geschichte!


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Beitrag von ThWangenheim Fr Dez 23, 2016 1:07 pm

Ah, sehr gut. Das erste ist für mich Spengler - die Lichtseite. Das zweite geht in Richtung Hermann Göring.

Ich stelle mich übrigens ganz gegen Ihre Einschätzung, die Lichtseite sei jugendlich weich und zart. Ich halte die Schattenseite für wesentlich weniger grimmig, weniger entschlossen und viel weicher, während die helle Seite die Schädelkonturen und Falten viel schärfer zeigt - und den mövenartigen Mund: kein Mitleid, keine Freude, keine emotionale Geste irgendeiner Art, nur Tatsachen.

Das liegt auch an der Schattenbildung. Die Außenseite des rechten Mundwinkels fällt ein und liegt daher nach oben hin im Schatten, was dem Mund eine lächelnde Anmutung gibt. Aber ich glaube, ich habe mich gefangen. Er sieht für mich wieder ganz normal aus.

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Beitrag von Leser Mi Jan 04, 2017 4:25 pm

Ihre Einschätzung nehme ich gerne an. Nach der Zweiteilung des Bildes scheint auch mir dies die richtige Beschreibung zu sein.

Woher stammt eigentlich die Farbfotographie Spenglers? So auf die schnelle wurde ich zumindest im Internet nicht fündig. Ist es nicht überhaupt unüblich und geradewegs ein sehr glücklicher Zufall aus jener Zeit eine Farbfotographie Spenglers erhalten zu haben?

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Beitrag von ThWangenheim Mi Jan 04, 2017 5:59 pm

Das freut mich sehr, daß Sie von einer Farbfotografie sprechen. Denn es handelt sich um ein coloriertes Schwarzweißfoto. Verwetten Sie also auf die Farben, die Sie sehen, nicht Haus und Hof! Sie finden es hier: http://fineartamerica.com/featured/oswald-spengler-1880-1936-granger.html

Es gibt aber trotzdem ein Glück damit. Denn nicht jede schwarzweiße Fotografie eignet sich für eine Colorierung. Hier darf ich sagen, daß es verhältnismäßig einfach war. Es ist ein sehr professionelles Bild, wie ebenso das Frontalportrait von oben und bietet, wie etwa am Gemälderahmen im unscharfen Hintergrund oder auf der Krawatte, einige Punkte für subtile Farbtupfer.

Das Bild stammt aus den Dreißigern, aber der Diapositiv-Farbfilm von Agfa kam erst 1936 heraus, also in Spenglers Todesjahr. Zwar gab es schon seit 1932 Kornrasterfarbfilme von Agfa, aber ich glaube, deren Auflösung war nicht besonders, wenn ich annehme, das Verfahren richtig zu verstehen. Aber selbst der Agfacolor von 1936 würde vermutlich einen so schön ausgewogenen Ton, wie ihn der Schwarzweißfilm zur Grundlage bietet, nicht ermöglicht haben.

Wie ich eben danach suche, finde ich noch diese schöne Quelle besonderer Spengler-Portraits, die ich zwar alle kannte, nicht aber das Bild der Schwester Gertrud mit dem Beck-Untergang in der Hand von 1953, als sie 71 Jahre alt war. http://www.gettyimages.in/photos/oswald-spengler?excludenudity=true&sort=mostpopular&mediatype=photography&phrase=oswald%20spengler#license

Nachtrag: offensichtlich am selben Tag geschossen, wie das colorierte, ist dieses Foto http://fineartamerica.com/featured/1-oswald-spengler-1880-1936-granger.html


Zuletzt von ThWangenheim am Mi Jan 04, 2017 6:23 pm bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet (Grund : zusätzlicher link)

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Beitrag von Leser Mi Jan 04, 2017 6:16 pm

Unglaublich. Das haben Sie wirklich sehr gut realisiert. "Die Faben waren exakt so!" Das große Vorrecht der Historiker und Künstler - überhaupt der Nachwelt -, nicht wahr? Smile

Und man wählt bloß den Farbton und das Programm führt die Berechnungen der unterschiedlichen Helligkeitsfelder anhand des Kontrastverlaufs der Unterlage selbst aus?



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Beitrag von ThWangenheim Mi Jan 04, 2017 7:10 pm

Ja, die Nachwelt lügt immer! Außer ich natürlich : ) Das erste - nein, ehrlich gesagt das letzte -, was man im Geschichtsstudium lernt, ist:

"Was ist der Unterschied zwischen einem Historiker und Gott? Gott kann die Geschichte im Nachhinein nicht ändern."

In erster Näherung, ja. Man markiert den Bereich, der eine Farbe bekommen soll und dann wird dem Helligkeitswert ein Farbwert zugeordnet. Daher bleiben die Helligkeiten erhalten. Man sollte an diesen auch nicht herumspielen und irgendetwas abdunkeln oder aufhellen. Das geht immer schief. Häufig ist aber das Problem, daß die Gesichter zu weiß sind, gerade bei Frauen, denen man im Schwarz-weiß-Zeitalter durch Überbelichtung makellose Haut verschaffte. Auch bei diesem Spengler-Foto ist es grenzwertig, was an dem hohen Kontrast durch das starke Seitenlicht liegt. Die linke Seite des Kopfes bekommt daher kaum Farbe. Aber es ist noch erträglich.

Damit es jedoch realistisch wirkt, muß man nicht nur ein gewisses Gefühl für die Sättigung und den Farbton selbst haben, sondern im Grunde wie ein Maler die Farben auswählen. Denn wenn Sie ein Gesicht einfach "Hautfarben" einfärben (da geht es schon los, weil diese Farbe nicht existiert, sondern komplizierte Farbübergänge meint) dann ist die ganze Natürlichkeit dahin. Das sehen Sie etwa hier: https://www.youtube.com/watch?v=C2Srw245R7U Ähnliches gilt von Wäldern, Hecken, Feldern, Straßen, oft auch Stoffen. All das benötigt dann Handarbeit.

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Beitrag von Leser Mi Jan 04, 2017 8:25 pm

Ich könnte mir denken, dass Sie mit dem Umriss der Stirn zur Kopfspitze länger gekämpft hätten.

Einerseits ist es die hellste, fast konturlose Stelle der Haut und andererseits der dunkle und unscharfe Rahmen im Hintergrund, der eine extrem scharfe Kontrastgrenze bildet. Noch verstärkt durch die "Unschärferelation".

Der Glanzeffekt des Fotoausdrucks korrigiert die Abhebung bis zur tragfähigen Illusion der Echtheit bei flüchtigem Blick, während auf der matten Papierfläche des Booklets man beinahe noch die Maske vernehmen kann, die im Photoshop um den Kopf gezogen wurde. Auch die Schattenseite wirkt viel weicher auf dem Glanzausdruck! Eigentlich seltsam. Rein Intuitiv wäre meine Annahme die entgegengesetzte. Vor allem wenn man bedenkt, dass das Schwarz des Booklets nicht dieselbe Tiefe erreicht, wie das des Fotoausdrucks und folglich die Abhebung geringfügiger ausfallen sollte. Vielleicht perzepiere ich das auch gerade bei ungünstiger Lichtquelle und müden Augen.

Professionelle Bildaufbereitung ist defintiv ein Kunsthandwerk. Und überhaupt die digitale Malerei.

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Beitrag von ThWangenheim Mi Jan 04, 2017 9:17 pm

Weiße ist eigentlich unproblematisch, da man da nichts machen kann. Weiß kann wie schwarz keine Farbe annehmen. Aber den Glatzkopf kann man freilich auch nicht in einer Farbe belassen, jedoch war da eher das Problem, daß ich das Bild aus zwei Teilen unterschiedlicher Auflösung zusammengesetzt habe.

Das Booklet ist mit einem etwas satterem Kopf gedruckt, weil die Farbwirkung, wie Sie richtig sagen, auf den beiden Papieren völlig verschieden ist. Der Drucker ist derselbe. Die Rahmungen sind glücklicherweise immer mit weichem Auslauf versehen, sodaß diesbezüglich eigentlich nichts sichtbar sein sollte. Aber wir sind uns ganz einig, daß das Glanzpapier, was übrigens ein seidenmattes ist, die einzig überzeugende Wirkung hat.

Ich weiß nicht, ob Sie neue Beiträge im Forum gemeldet bekommen, aber schauen Sie bitte mal in das Unterforum zum Untergang des Abendlandes.

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Beitrag von Leser Mi Jan 04, 2017 10:53 pm

Der Preis für die Farbwirkung ist leider eine sehr klebrige Oberfläche. Bei der einzelnen Fotografie kein ernstes Problem, beim Schuber schon ein bisschen mehr.

Ich Danke Ihnen für die Erläuterungen und den Beitrag habe ich wirklich nicht gemeldet bekommen. Ich habe mir das Hörbuch nun auch heruntergeladen.

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Beitrag von ThWangenheim Do Jan 05, 2017 11:10 am

Ich hatte das Gefühl, daß die Oberfläche sich ein wenig abgreift. Aber was schön sein will, bringt leiden. Es gibt auch kein anderes adäquates Papier glaube ich.

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