Geschichtsphilosophie
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Der schwache erste Satz

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Beitrag von ThWangenheim Mi Dez 28, 2016 7:54 pm

Wie beginnen die Spenglerschen Werke?

UdA: "In diesem Buch wird zum ersten Mal der Versuch gewagt, Geschichte vorauszubestimmen."

PuS: "Die Geschichte kennt kein Volk, dessen Weg tragischer gestaltet wäre. In den großen Krisen kämpften alle andern um Sieg oder Verlust; wir haben immer um Sieg oder Vernichtung gekämpft"

NddR: "Wenn ein ungeheures Unglück über einen Menschen hereinbricht, zeigt sich, wieviel Starkes und Gutes in ihm war. Wenn das Schicksal ein Volk zermalmt, offenbart es seine innere Größe oder Kleinheit. Erst die äußerste Gefahr gestattet keinen Irrtum mehr über den geschichtlichen Rang einer Nation."

JdE: "NIemand konnte die nationale Umwälzung dieses Jahres mehr hrbeisehnen als ich." oder: "Hat irgend ein Mensch der weißen Rassen einen Blick für das, was rings umher auf dem Erdball vor sich geht?" "Wir leben in einer verhängsnisschweren Zeit."

Dagegen MuT: "Das Problem der Technik und ihres Verhältnisses zur Kultur und Geschichte taucht erst im 19. Jahrhundert auf."


Das ist vielleicht der schwächste erste Satz, den Spengler je geschrieben hat. Vor allem ist es die bloß historische Beobachtung, die vielleicht sinnreich, aber doch wohl kaum packend ist. Das ist kaum anders zu erklären als mit: Er muß nichts mehr beweisen. Man weiß eben, daß Gewaltiges folgen wird.

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Beitrag von Leser So Jul 23, 2017 8:02 pm

Wobei MuT zwei Jahre vor JdE erschien. Obwohl mir Ihre Erklärung stimmungsmäßig mehr gefällt, scheint der schwache Satz eher daran zu hängen, daß MuT durchaus auch zur Vertiefung des UdA diente. Er sagt es glaub ich docb selbst irgendwo am Anfang, Jedenfalls ist es gut möglich, dass MuT aus Vorstudien zu UdA zusammengeschustert wurde.

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Beitrag von Faustisch Do Aug 10, 2017 6:02 pm

Dieser Satz ist für jemanden, der Spengler noch nie gelesen hat, auf keinen Fall "schwach". Er umfasst das gesamte Buch. Vor allem wenn man bedenkt dass Spengler (und die ersten seiner Leser) selber noch im 19. Jahrhundert geboren wurden.

MuT mit UdA zu vergleichen ist sowieso fragwürdig, das eine war eine kurze, prägnante Zusammenfassung einiger wichtiger spenglerischer Ansichten, und das andere war Spenglers Opus Magnum. Beide Werke richten sich, wie Spengler selber am Anfang von MuT schreibt, an völlig andere Zielgruppen.

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Beitrag von ThWangenheim Fr Aug 11, 2017 9:29 pm

Nun, wir haben Spengler schon mehr als nie gelesen. Und deshalb erkennen wir einen Unterschied.

Und wie Sie am Ausgangspost sehen, vergleichen wir auch die politischen Schriften mit MuT. Der UdA ist nur ein Teil des Vergleichs.

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Beitrag von Leser Sa Aug 12, 2017 1:59 am

Ein Vergleichsteil, den ich falsch wiedergegeben habe. Alles übrige ist aus dem Vorwort zu MuT ersichtlich. Es ist nämlich keine Zusammenfassung "wichtiger spenglerischer Ansichten", sondern, wie im Vorwort vermerkt, aus einem (unvollendet gebliebenen) Werk entnommen - den Urfragen nehme ich an.

Aus dem Vorwort: "Es war meine Absicht, die Betrachtungsweise, welche ich im »Untergang des Abendlandes« ausschließlich auf die Gruppe der hohen Kulturen angewandt hatte, nun an deren historischer Voraussetzung, der Geschichte des Menschen von seinem Ursprung an, zu erproben"

Gemeint ist die vergleichende Methode, vergleichende Morphologie. Um noch etwas sinnvolles zum Problem des schwachen Ersten zu sagen, sei noch an Sie, Herr Wangenheim vermerkt, dass der letzte Satz des Vorwortes im Grunde den stillistischen Brückenschlag zum schwachen Eröffnungssatz wirft. Dort heißt es nämlich: "Trotzdem wage ich den Versuch, hier eine kleine Anzahl von Fragen zu stellen, die in sich zusammenhängen und deshalb wohl geeignet sind, einen vorläufigen Eindruck von dem großen Geheimnis des Menschenschicksals zu gewähren"

Übrigens hat neben UdA nur MuT ein Vorwort, was schon einiges heißen soll.

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Beitrag von ThWangenheim Sa Aug 12, 2017 10:47 am

Sehr richtig, das sind vermutlich die Urfragen. Aber ich stoße immer wieder auf die Auffassung, MuT sei eine Kurzfassung des UdA oder ähnliche Ansichten. Das rührt vermutlich vor allem daher, daß sich der Schluß von MuT ähnlich den abschließenden Kapiteln des zweiten Bandes des UdA liest. Aber wenn Spengler die Frühzeiten, den "Ursprung" zu fassen sucht und den Weg der Technik selbstverständlich auch in ihrem weiteren Verlauf betrachtet, dann gelangt er freilich auch wieder an diesen Punkt, den er am Schluß des UdA bereits beschrieben hat. Nichtsdestoweniger liegt das Hauptgewicht von MuT exakt auf den Frühzeiten der Technik, nicht auf dem Schlußkapitel, das zwar ausgesprochen effektvoll daherkommt, aber eben tatsächlich nichts inhaltlich Neues kund tut. Daß Spengler in diesem Buch en passent solche grundlegenden philosophischen Fragen, wie das der Sprachentstehung oder auch der Evolution recht elegant löst, scheint völlig unterzugehen. Und das sind eben Fragen an die Frühzeit des Menschen, die ersten Schritte in die Kultur.

In der Tat, diese Beobachtung ist interessant. Während Spengler sonst für Relativierungen wenig bekannt ist, schraubt er im Vorwort zu MuT tatsächlich die Erwartungen herunter. Und zwar vermutlich exakt deshalb, weil er sich im Klaren darüber ist, daß diese Betrachtung der Kultur allein aus dem Aspekt der Technik (was eben nicht, wie er fordert "alle Gebiete seines Wirkens zugleich, vergleichend" einschließt), eine Scheuklappenperspektive ist.

Der erste Satz ist darüber hinaus auch inhaltlich eine ziemliche Verlegenheit. Denn er behauptet, das Problem der Technik tauche erst im 19. Jh. auf, was doch in einigem Widerspruch zum Beginn des zweiten Kapitels steht (und der Technik-Auffassung des ganzen Buches), nämlich, daß das Wesen des Technischen nicht von der Maschinentechnik aus verstanden werden dürfe. Das wirklich neue am 19. Jh. war jedoch in Hinsicht des Technischen gerade die Maschinentechnik. Freilich meint er hier die Rezeption derselben und im Grunde will dieses erste Kapitel auf die verschiedenen Auffassungen, die man gegenüber der Technik haben kann und hatte hinaus (was wiederum bereits, sozusagen spiegelsymmetrisch zum Schluß, der an den Schluß des 2. Bandes angelehnt ist, der Einleitung des UdA Bd.1 entnommen ist), dennoch fehlt es dadurch etwas an philosophischer Stringenz, wenn im zweiten Kapitel erklärt wird, daß die Frage des ersten Kapitels (wie wird die Maschinentechnik von verschiedenen Zeiten bewertet) eigentlich irrelevant ist, da sie den wesentlichen, frühzeitlich Anteil des Technischen ausblende. Gleichwohl ist der Überraschungseffekt des zweiten Kapitels dadurch großartig und man darf annehmen, daß das erste eben nichts weiter ist als eine historische Einführung in das Problem ist (was zunächst recht schulmäßig und un-Spenglersch wirkt), welche die Überraschung im zweiten Kapitel erst ganz zur Geltung bringen soll und das auch gekonnt tut.


Zuletzt von ThWangenheim am So Aug 13, 2017 1:22 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet

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Beitrag von Faustisch Sa Aug 12, 2017 4:29 pm

Nun, wir haben Spengler schon mehr als nie gelesen. Und deshalb erkennen wir einen Unterschied.

An Sie richtet sich auch UdA , und eben nicht MuT. Die beiden zu vergleichen und zu relativieren ist etwa so, als ob man ein Spielzeug Auto mit einem echten Auto vergleicht. Eine Aufgabe für verkopfte Sitzdenker, ohne jeglichen praktischen Nutzen. Denken nur um des Denken willens und nichts sonst.

Spenglers Werk ist nicht für einen kleinen Kreis gedacht, es sollte ihn verewigen. Er hatte ja auch keine Kinder. Man muss nur die Rezensionen von Leuten wie Musil lesen , um zu sehen dass selbst bekannte Literaten mit ihm nicht zu Recht kamen (und lieber historische Details kritisierten um den Kern seines Werkes zu verfälschen).

Und das hat er auch getan, kein Mensch hat die faustische Seele so gut beschrieben wie Spengler, nicht einmal Goethe konnte das.

MuT kann jeder Mensch lesen und begreifen, auch Leute die des Deutschen nicht mächtig sind. UdA ist selbst 99% der modernen Philosophen vollständig, und dem Rest teilweise unzugänglich. Ein Engländer beispielsweise oder Amerikaner kann und wird UdA niemals begreifen.

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Beitrag von ThWangenheim Sa Aug 12, 2017 5:46 pm

Ich habe Ihre Auffassung zur Kenntnis genommen. Schön, daß sie eine Meinung haben. Lesen sie nochmal den Untertitel des Forums, da kommt der Begriff "diskutieren" vor. Das ist nur mit Argumenten möglich. Mit Ihren bloßen Aussagesätzen langweilen Sie lediglich.

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Beitrag von ThWangenheim Fr Aug 18, 2017 6:47 pm

Bemerkung: Die Diskussion um die "Urfragen" Spenglers, die sich hier anschloß, habe ich in ein seperates Unterforum verschoben.

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